Wer trägt Ihr Unternehmen? Die Kunden. Wenn Sie also nicht genau wissen, was Ihre Kunden mögen und was nicht – viel Glück!
Eine Möglichkeit, herauszufinden, wie Ihre Kunden Ihr Unternehmen und Ihr Angebot sehen, ist das Einholen von Kunden-Feedback.
Dieser Artikel befasst sich damit, wie Sie Kunden-Feedback sinnvoll vorbereiten, bei sich und beim Kunden, wie Sie es sinnvoll einholen, auswerten und umsetzen.
Der Focus dieses Artikels liegt auf dem Bereich B2B. Im B2C-Umfeld geht man ganz anders vor, und die Datenmengen sind tendenziell auch viel größer. Bei B2B werden Sie in den meisten Fällen eine überschaubare Menge an Daten haben.
Ich habe mich mit dem Thema zuerst beschäftigt, um Feedback für meine eigenen Einsätze als freiberuflicher Controller zu erhalten. Daraus entstand ein eigener Feedback-Bogen.
Später erarbeitete ich in Vertriebscontrolling-Projekten konkrete Vorschläge für das Einholen und Verwerten von Kunden-Feedback.
In diesem Artikel gehe ich davon aus, dass Kunden-Feedback zum ersten Mal in organisierter und strukturierter Form eingeholt wird. Der Aufbau einer permanenten Feedback-Kultur ist nochmal ein anderes Thema.
Kurze Bemerkung vorab: Individuelle Idiosynkrasien der verschiedenen Branchen
Auf ein paar Themen im Zusammenhang mit Feedback kann und werde ich hier nicht eingehen.
In manchen Branchen treten bestimmte psychologische Phänomene gehäuft auf.
So glaube ich nach meinen Erfahrungen z.B., dass Coaching zu 90% darüber läuft, dass Klienten gerne betüdelt werden. Sie werden tendenziell einen Coach wählen, der sie gut betüdelt bzw. ihnen ein Gefühl persönlicher Wichtigkeit vermittelt. Das werden sie aber in einem Feedback niemals zugeben.
Ebenso sagt mir meine Erfahrung mit „Beratung“, dass die „Kompetenz“ der Berater, die wahrgenommen wird, nichts anderes ist als psychologische Dominanz. Dies ist aber zumindest den meisten Beratenen nicht bewusst.
Und so haben manche Umfelder ihre speziellen psychologischen Phänomene. Dort erhalten Sie auf manche Fragen keine ehrliche Antwort. Das sind aber wenige.
Durch Ignorieren von Feedback zur globalen Erfolgsstory
Und es gibt einige wenige Fälle, wo Unternehmen das Feedback und die Wünsche der Kunden ignoriert haben und global erfolgreich wurden.
Als die Firma XEROX damals ihre Kunden fragte, ob sie einen halben Cent mehr pro Seite bezahlen würden, um auf Normalpapier zu kopieren anstatt auf Thermopapier, sagten alle Nein. Und, auf was kopieren heute fast alle Unternehmen?
Als Henry Ford seine Kunden fragte, was sie wollten, sagten sie: Schnellere Pferde, die weniger essen. Was die Ford Motor Company lieferte, ging in eine andere Richtung, lieferte aber einen Mehrnutzen.
Dies sind Ausnahmen von genialen Unternehmern, welche die Paradigmen ihrer Zeit hinterfragten und revolutionäre Neuerungen einführten. Sind Sie genial und revolutionär? Ich nicht.
Der wirksam gesteuerte Feedback-Prozess
Kundenfeedback gehört zu den wichtigsten Größen in Ihrer Unternehmensteuerung.
Deshalb lohnt es sich, auch den Feedback-Prozess wirksam zu steuern.
Die Phasen des Prozesses:
- Feedback vorbereiten
- Feedback einholen
- Feedback auswerten
- Feedback umsetzen
- Ggf. Follow-up organisieren
Phase 1: Feedback vorbereiten
Die Vorbereitung des Feedbacks beginnt bei Ihnen im Unternehmen. Zum Beispiel mit den folgenden Prozessen:
- Sinnvolle Fragen auswählen und formulieren
- Mitarbeiter vorbereiten und an Bord holen
- Eigene Erwartungen managen
- Zeitplan erstellen
- Kunden vorbereiten
Prozess 1: Sinnvolle Fragen auswählen und formulieren
Die zentrale Herausforderung bei der Vorbereitung der Fragen ist: Fragen Sie zu den Features, die Ihren Kunden wichtig sind, nicht zu denen, die Sie gut können.
Was ist für Ihre Kunden ein entscheidendes Kriterium, bei Ihnen zu kaufen und nicht bei anderen?
Ist es die zuverlässige Organisation, die freundliche Kommunikation, die kurzen Reaktionszeiten, die kompetenten Mitarbeiter oder die schönen Farben Ihrer Firmenpräsentation?
Ist den Kunden Ihre Logistik wichtiger oder Ihre Angebotspalette? Oder ist es ein Gemisch aus mehreren?
Wenn ich z.B. die Auswahl zwischen verschiedenen Anbietern auf ebay habe, werde ich tendenziell den vorziehen, der Zahlungen mit paypal akzeptiert, weil das für mich einfacher ist. Zum Anderen ziehe ich Anbieter im Inland vor, weil dort bei Problemen die Kommunikation einfacher und schneller ist.
Was ist es bei Ihren Kunden?
Und dann fragen Sie danach, wie gut Sie aus subjektiver Sicht des Kunden seine Anforderungen erfüllen.
Ganze Konzerne sind daran pleite gegangen, sich auf Aspekte ihres Angebotes zu konzentrieren, die den Kunden subjektiv völlig egal waren.
Machen Sie es richtig und fragen Sie nach den relevanten Aspekten. Und relevant ist ausschließlich das, was die Kunden relevant finden.
Wählen Sie eine Mischung aus offenen und geschlossenen Fragen und eine Reihe von Kriterien, für welche die Kunden Punkte vergeben können.
Fragen Sie auf jeden Fall nach Verbesserungsvorschlägen.
Prozess 2: Mitarbeiter vorbereiten und an Bord holen
Suchen Sie Mitarbeiter aus, die Sie für geeignet halten, Feedback einzuholen und auszuwerten.
Schicken Sie jemanden zum Kunden, mit dem sich die Kunden gerne unterhalten, aber nicht so gerne, dass es die Ergebnisse verfälscht.
Hier stellt sich die Frage, ob Sie Mitarbeiter anhand der Ergebnisse des Kundenfeedback belohnen oder sanktionieren wollen.
Ich empfehle dies nicht. Kundenzufriedenheit setzt sich aus sehr vielen Faktoren zusammen und kann von einzelnen Mitarbeitern kaum beeinflusst werden. Und Sie sollten nichts belohnen oder sanktionieren, was außerhalb des Einflusses des Mitarbeiters steht.
Wie an anderer Stelle beschrieben, nach meiner Erfahrung ist die größte Angst von Mitarbeitern vor dem Controlling, dass sie wegen „schlechter“ Kennzahlen sanktioniert werden. Wenn sie das nicht vorhaben, wird es nicht schaden, ganz klar zu kommunizieren, dass es im Kundenfeedback-Projekt nicht darum geht, Mitarbeiter zu beurteilen. Dies sollten Sie auch einhalten.
Wenn Sie das Management über die Kennzahl Kundenzufriedenheit steuern wollen, dann sollten Sie dafür sorgen, dass die Einholung des Feedbacks durch andere Personen erfolgt als die, die später belohnt werden sollen.
Anderenfalls riskieren Sie, dass das Feedback manipuliert wird, wie bereits im Artikel zu Kennzahlensystemen beschrieben.
Erklären Sie den Mitarbeitern, welchen Nutzen das Unternehmen davon hat, Kunden-Feedback einzuholen und zu bearbeiten.
Erarbeiten Sie sinnvolle Fragen insbesondere mit Mitarbeitern, die im Kundenkontakt stehen. Das ist naturgemäß der Vertrieb, aber ebenso wertvollen Input können Sie aus der Debitorenbuchhaltung bekommen oder dort, wo Reklamationen bearbeitet werden.
Prozess 3: Eigene Erwartungen managen
Am besten werden Sie in so ziemlich allen Belangen fahren, wenn Sie nach dem Grundsatz meines Jugendhelden Walter Giller vorgehen: „Tja, meine Damen und Herren – es bleibt eben schwierig.“
Seien Sie darauf vorbereitet, dass nicht alle Kunden bereit sind, Feedback zu geben. Da wir in Deutschland derzeit (Stand: April 2017) auch keine sehr entwickelte Feedback-Kultur haben, bekommen Sie auch nicht nur brauchbare Antworten.
Ja, und einige wenige Kunden werden emotional gefärbtes Feedback geben. Sie werden Ihren Service, den sie eigentlich gut finden, schlecht bewerten, weil mal jemand am Telefon unfreundlich zu ihnen war, weil er zum Geburtstag die falschen Blumen mitgebracht hat, oder weil er ihn einfach nicht mag.
Wenn Sie Ihre Fragen, Ihre Mitarbeiter und Ihre Kunden aber gut vorbereiten, werden Sie genügend brauchbare Antworten erhalten, um damit zu arbeiten.
Seien Sie vor allem darauf vorbereitet, dass manche Aspekte des Feedbacks nicht so ausfallen, wie Sie es erwartet / gewünscht haben. Das, von dem Sie erwartet haben, dass die Kunden es lieben, wird in Grund und Boden getrampelt, und manches von dem, was Ihnen völlig unwichtig ist, erscheint den Kunden als Heiliger Gral.
Wappnen Sie sich auch von Anfang an dafür, dass Steigerungen der Kundenzufriedenheit oft tiefgreifende und intensive Arbeit bedeuten. Wirksame Veränderungen, die wirklich Veränderungen sind, bedeuten meistens viel Einsatz.
Prozess 4: Zeitplan erstellen
Entwickeln Sie eine Vorstellung, was zu welchem Zeitpunkt erledigt werden soll und wen Sie wann dafür brauchen.
Wer soll wann die Befragungen durchführen, wie einfach oder schwierig wird das, wie gut oder schlecht sind die Ansprechpartner bei Ihren Kunden zu erreichen? Wie schnell oder langsam kann die Auswertung der Befragungen stattfinden?
Die Maßnahmen, die sich aus dem Kunden-Feedback ergeben, können Sie selbstverständlich erst dann planen, wenn das Feedback da ist.
Prozess 5: Kunden vorbereiten
Als erstes ermitteln Sie natürlich, wer beim Kunden die optimalen Ansprechpartner sind. Dies sind alle, die Einfluss auf die Kaufentscheidung haben. Dies kann eine Person sein oder mehrere.
Wenn ich als freier Controller in ein Projekt gehe, muss ich ggf. 3 verschiedene Gruppen überzeugen:
- Fachbereich oder Führung (hängt von der Größe des Unternehmens ab)
- Kollegen, mit denen ich im Projekt arbeite
- Personen, die das Budget freigeben
Dies sind auch diejenigen, die beim nächsten Mal wieder entscheiden, wer an Bord kommt und wer nicht.
Da es in Deutschland, wie in den meisten Ländern der Welt, noch keine etablierte Feedback-Kultur gibt, werden viele Ihrer Kunden auf Feedback-Nachfragen überhaupt nicht vorbereitet sein.
Deshalb informieren Sie Ihre Kunden, dass Feedback eingeholt wird. Bitten Sie den Kunden um etwas Zeit für eine Befragung. Geben Sie eine realistische Einschätzung, wie lange es etwa dauern wird.
Stellen Sie dem Kunden dar, dass es ihm auch nützt, wenn er Feedback gibt, weil Sie ihm dann besser helfen können.
In meinen Projekten habe ich bereits im Einstiegsgespräch angekündigt, dass ich am Ende des Projektes Feedback einhole. Zwei Tage vorher habe ich die relevanten Feedback-Geber nochmals daran erinnert.
Wenn die Fragen, die Mitarbeiter, die Kunden und Ihre Seele vorbereitet sind, dann kann es losgehen.
Phase 2: Feedback einholen
Nun schwärmen die ausgewählten Mitarbeiter zu den Kunden aus – persönlich oder in elektronischer Form – um Feedback einzuholen.
Bringen Sie dem Kunden einen kleinen Mehrwert mit. Das können interessante exclusive Informationen sein, ein kleines Stückchen edle Schokolade, ein befristetes Sonderangebot, oder was sonst Ihre Kunden als Mehrwert empfinden könnten.
Es wird eine Weile dauern, alle Feedbacks einzuholen. Nicht alle Kunden werden immer Zeit haben. Nicht alle Gespräche werden optimal laufen.
Managen Sie den Prozess, sprechen Sie mit den Feedback-Einholern, ob ihnen etwas auffällt oder ob der Prozess etwas anders gestaltet werden sollte.
Phase 3: Feedback auswerten
Jetzt kommt der Moment der Wahrheit: Die Ergebnisse sind da und bereit zur Auswertung.
Werten Sie die vorliegenden Ergebnisse aus, auch die unangenehmen Teile.
Sie erkennen dann wiederkehrende Themen, statistische Ausreißer, usw. Dann können Sie auch entscheiden, wie Sie mit statistischen Ausreißern verfahren. Meine Empfehlung: Eine Auswertung mit, eine Auswertung ohne.
Bringen Sie die Daten in eine Form, die Ihre Mitarbeiter verstehen.
Was sind die wichtigsten Botschaften der Kunden für Ihre Mitarbeiter?
Sollten sie freundlicher zu den Kunden sein? Sollten sie Waren sorgfältiger verpacken? Sollten sie gepflegter auftreten?
Oder sind die Kunden sehr zufrieden? Loben sie die Zuverlässigkeit und Qualität Ihres Unternehmens?
Bereiten Sie die Daten so auf, dass Ihre Mitarbeiter die Stärken und Schwächen Ihres Unternehmens – aus Sicht der Kunden – klar verstehen.
Bevor Sie präsentieren, überlegen Sie sich konstruktive Lösungsvorschläge und präsentieren Sie diese mit.
Phase 4: Feedback umsetzen
Echtes Kunden-Feedback wirklich umzusetzen, insbesondere, wenn die Kunden profunde Änderungen wünschen, ist oft ein intensiver und nicht immer angenehmer Prozess.
Ich habe auf dem Weg auch so manche Fähigkeit erlernt, die ich vorher nie gewollt hätte.
Was soll’s: Wenn Sie im Mitbewerb bestehen wollen, bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als sich nach den Kunden zu richten, so weit dies möglich und sinnvoll ist.
Vielleicht erkennen Sie auch, dass Sie sich andere Kunden suchen sollten. Die Zielgruppe, die ich zunächst anpeilte, nämlich mittelgroße Handwerksbetriebe, erwies sich als komplett uninteressiert an meinen Qualitäten. Bei mittelgroßen international ausgerichteten Konzerntöchtern fuhr ich umso besser.
Wenn ich etwas tun muss, das mir nicht gefällt, sage ich mir: Ich kann jetzt eine bestimmte Zeitspanne lang leiden, oder ich kann später sehr viel länger leiden. Dann finde ich die Entscheidung leicht.
Was immer sich aus dem Feedback als sinnvolle Maßnahme ergibt: Hier beginnen die neuen Projekte.
Phase 5: Wenn sinnvoll, Follow-up
Welche Aktionen ergeben sich aus dem Feedback?
Macht es Sinn, die Kunden über das Ergebnis der Feedback-Runde zu informieren?
Das eindrucksvollste Beispiel hierzu, das mir so um das Jahr 2005 begegnet ist, war bei einer IT-Akademie, die einen ganz offenen Aushang machte, viele Kunden hätten sie mit einer Vier bewertet, und das sei hoch blamabel, sie würde sich bessern.
Die Schilderungen des Feedbacks waren sehr spezifisch. Es klang für mich zumindest ernsthaft.
Ich war nie Kunde dieser Akademie, aber wenn ich die Wahl gehabt hätte zwischen dieser und einer anderen, hätte ich mich wohl für diese entschieden, weil sie offen ihre Schwächen kommunizierte und klar demonstrierte, dass sie konstruktiv mit Feedback umging.
Hierzu gibt es verschiedene Sichtweisen. Einer meiner ersten Auftraggeber war strikt dagegen, jemals irgendwelche Schwächen zuzugeben. Das kommt natürlich auch darauf an, wie Ihre Kunden Schwächen betrachten.
Ein kleines Dankeschön
In jedem Fall wird es Ihre Kunden nicht stören, wenn Sie ein kleines Rundschreiben schicken, dass der Feedback-Prozess abgeschlossen ist und dass Sie den Kunden herzlich danken für ihre Teilnahme.
Aber: Machen Sie bloß keine vollmundigen Ankündigungen über Verbesserungen, wenn diese nicht bereits implementiert und getestet sind! Das kann Sie mehr kosten als jede Schwäche!
Dann los!
Nun können Sie loslegen mit dem Kundenfeedback-Projekt.
Wenn Sie wollen, lassen Sie mich wissen, welche Erfahrungen Sie gemacht haben.
VIEL ERFOLG!
Titelbild: geralt
admin
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Gerade im Zeitalter der Digitalisierung ist Kundenfeedback wichtiger als je zuvor geworden. Vielen Dank für den sehr gut strukturieren und hilfreichen Beitrag zum Thema „Kunden-Feedback“ im B2B Bereich. Ich konnte noch einiges dazu lernen, wie man Kunden-Feedback sinnvoll vorbereitet, wie man es sinnvoll einholt, auswertet und umsetzt – DANKE!
Danke für das freundliche Feedback. Irgendwo auf meiner To-Do-Liste ist es, ein kurzes Buch zum Thema zu schreiben.